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Wie geht Verzeihen? Teil 2: Meinem alten Arbeitgeber

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  Schon in den ersten zehn Tagen in der Suchtklinik begann ich, mir eine neue Stelle zu suchen.  Meine Therapeutin kam zu dem Schluss, ich würde meine frische  Abstinenz wahrscheinlich nicht halten können, wenn ich nach dem Klinikaufenthalt an meinen alten Arbeitsplatz zurückkehrte.  Ich war nicht nur alkoholabhängig, sondern auch völlig überarbeitet, depressiv und seelisch sehr verletzt. In keinster Weise konnte ich mir vorstellen, dorthin auch nur einen Fuß zurück zu setzen. Die Probleme dort waren die größte Baustelle in meinem Leben, und ich hatte keine günstige Bewältigungsstrategie gelernt. Angst,  Ärger, die Isolation, die Ohnmacht, das zerstörte Selbstwertgefühl, ungerecht behandelt worden zu sein und viele andere zermürbende Gefühle betäubte ich mit Alkohol, jeden Tag, wenn ich von der Arbeit nachhause kam. Ich trank auch zur Entspannung und belohnte mich mit Weißwein dafür, den Arbeitstag hinter mir zu haben. Gegen Ende meines Trinkens brauchte ich keine Gründe mehr, ic

Hitlisten - was ich am Nüchternsein so klasse finde

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      Platz 1: morgens nüchtern aufwachen, kein Kater, auch kein seelischer, kein Filmriss Platz 2: ich kann jederzeit Autofahren und da sein, wenn ich gebraucht werde Platz 3: keinen Stoff besorgen müssen Platz 4: keine leeren Flaschen heimlich entsorgen müssen Platz 5: kein Vertuschen, kein Lügen mehr Platz 6: ein Leben ohne Sucht wird greifbar, 365 Tage Realität ohne Alkohol Platz 7: ich kann wieder schlafen, ein- und durch, das volle Programm Platz 8: ich gewinne Lebenszeit Platz 9: ich habe Gewicht verloren Platz 10: ich kann mein Geld für herrliche andere Sachen ausgeben Diese Liste habe ich aufgestellt, als ich meinen ersten Nüchternheitsgeburtstag feierte. Ich schrieb meiner Therapeutin in der Suchtklinik einen Dankesbrief. Das erste Jahr Genesung nochmal an mir vorbeiziehen zu lassen, hat mich gefreut und bestärkt und mit großer Dankbarkeit erfüllt. Ich denke an die Gipfelfotos von strahlenden Bergsteigerinnen, voller Stolz und Freude - so ähnlich fühlte ic

Durch's Nadelöhr bitte hier entlang - wie ich zu meiner Höheren Macht fand

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  Fred habe ich es zu verdanken: Seine Geschichte hat mein Leben verändert. Fred ist mein Zwilling aus dem Blauen Buch: Ein funktionierender Alkoholiker mit gutem Job und intakter Familie. Ein freundlicher Zeitgenosse, der darauf baut, dass man Probleme mit einer gesunden Mischung aus informiert sein, Willenskraft, Disziplin und Selbsterkenntnis lösen kann, auch sein Alkoholproblem. Freds Mischung führt aber nicht zur Lösung, sondern in einen Rückfall, aus dem er im Krankenhaus wieder aufwacht. Seine Barriere hielt eines Tages einer banalen Gelegenheit zum Trinken nicht stand. Er war auf Geschäftsreise und hatte den Gedanken, ein Cocktail vor dem Essen könne nicht schaden. Es war nicht seine erste Reise, seit er nicht mehr trank und er hatte zuvor schon Alkohol stehenlassen können. Nicht in diesem Augenblick: Er bestellte einen Cocktail und dann noch einen, nichts passierte und er trank weiter, stürzte ab in ein mehrtägiges Saufgelage. Fred erzählt später, er habe nicht einen Moment an