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A day in the life

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    Ich feiere diesen Sommermorgen, weil ich einer Freundin beistehen darf, weil mein Mann unbelastet über’s Wochenende wegfährt und weil gleich mein Bruder vorbeikommt. Alles nichts Besonderes? Doch – für mich schon, weil alle drei  Alltagsbegebenheiten auf meiner Nüchternheit basieren. Meine Freundin braucht mich. Heute bin ich wieder eine authentische und verlässliche Freundin. In meiner Selbsthilfegruppe habe ich neue, ganz besondere Freundschaften geschlossen, weil wir aus der Alkoholsucht herauswachsen wollen und über alles offen sprechen, was damit zusammenhängt. Wir sind Freundinnen, weil wir uns mögen. Aber wir sind auch Gefährtinnen auf unserer Heilungsreise. Und so hat mich heute Morgen meine Freundin gefragt, ob ich heute telefonisch erreichbar bin, nur für alle Fälle: Ihre Tochter heiratet und sie wird auf dieser Hochzeitsfeier von Sekt, Bier, Wein und Schnaps umgeben sein. Als Mutter der Braut wird sie oft anstoßen müssen und dabei keinen Tropfen Alkohol trinken. Ihr

Im Urlaub ohne Alkohol

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Bevor ich meinen Koffer auspacke: Erstmal die Begrüßungsflasche Wein aus meinem Sichtfeld schaffen, denn sorglos will ich hier meine Urlaubstage verbringen. Sie findet ihren Platz hinten im Geschirrschrank. Der Kühlschrank ist mit Wein und Bier gut gefüllt, aber das stört mich weniger, weil der Alkohol nicht offen herumsteht. Leider gehören die vielversprechenden Bio-Fruchtsäfte zur Minibar: eine kostenlose Begrüßung gibt es nur mit Prozenten. Es ist mein dritter Sommer, seit ich mit dem Trinken aufgehört habe. In meinem ersten hatten wir ein Häuschen in den Niederlanden gemietet, auch hier stand der Begrüßungswein bei unserer Ankunft stramm, sogar gekühlt: In der Pädagogik nennt man so etwas einen „stummen Impuls“: ohne Worte soll eine Handlung ausgelöst werden. Als dieser stumme Impuls mich traf, löste er bei mir aus, dass ich besorgt und ängstlich meinen Mann bat, das Getränk wegzuschütten und am besten die leere Flasche auch gleich loszuwerden. Ich war erst fünf Monate nüchtern u

Tag 858 – seit zwei Jahren und 128 Tagen bin ich ohne Alkohol. Ich habe aufgehört zu trinken und wieder angefangen zu leben.

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Kuss, Piepsi und Twowayprayer - so beginnt mein Tag heute: Mein Mann liegt neben mir und begrüßt mich. Mein Jeden-Morgen-Wunder, denn Weitertrinken hätte irgendwann meine Ehe zerstört.  Piepsi wohnt auf der anderen Seite des Bettes, weil ich mich konsequent um meinen Körper kümmere. Mein Disziplin-Wunder, selten habe ich etwas Gesundes Tag für Tag durchgezogen. Das Twowayprayer ist meine Art, mich mit dem Universum, meiner Höheren Macht, meiner Idee von Gott zu verbinden und mich auf den neuen Tag auszurichten. Mein Kraft-Wunder, unerwartet und wirksam. Piepsi, d iesen albernen aber sprechenden Namen habe ich einem kleinen Gerät gegeben. An dessen Kabelende sitzt ein weiches Mundstück. Das stülpe ich zuerst über die obere Zahnreihe und dann über die untere. Es wird warm und soll meine Zähne dazu bewegen, sich schneller zu bewegen und meine kieferorthopädische Behandlung beschleunigen. 6 Minuten oben und 6 Minuten unten morgens und abends mit Piepsi, der das Ende einer Arbeitseinheit