Danke fürs Lesen - mein Blog ist ein Jahr alt

 

Ich danke Dir fürs Lesen, für Deine Zeit und für Deine Kommentare.

Ich danke Dir für Deine Offenheit, die es Dir möglich macht, Deine Gedanken und Gefühle, selbst schmerzhafte Erfahrungen und Erinnerungen zu teilen, indem Du sie mir schreibst oder als Kommentare auf der Blogseite hinterlässt.

Ich danke Dir für Deine Ermunterung, Wertschätzung und Anerkennung und dass Du meinen Horizont weiter machst mit Deinen Anregungen. Ich habe viel gelernt von Deinen Rückmeldungen und Deinen Sichtweisen. Danke auch für Hinweise auf Rechtschreibfehler und nützliche Kritik.

Ohne Deine Äußerungen würde es diesen Blog nicht geben. Es würde mir auf die Dauer nicht reichen, zu ahnen, jemand liest das hier still, aber nichts davon mitzubekommen. Nur im Dialog hat es Sinn für mich, dass ich mich an meinen Schreibtisch setze, nachdenke und aufschreibe wovon ich glaube, es könnte nützlich für andere Menschen sein.

Wer sind die Menschen, die meine Texte lesen? 

So weit ich es weiß, sind es überwiegend AA-Freundinnen und Freunde, denn in dieser Gruppe wird der Link zum Blog häufiger geteilt und von hier bekomme ich die meisten Kommentare, Nachrichten und Mails oder auch mal einen Anruf.

Es sind Leserinnen, die bereits nüchtern sind und darum kämpfen, nicht rückfällig zu werden. Leser, die rückfällig werden aber wieder zurückfinden zur Abstinenz. Es sind auch Menschen dazwischen, die noch am Anfang ihrer Nüchternheit stehen oder am Kämpfen sind. Sie wurden von ihrer Sponsorin oder ihrem Sponsor auf diesen Blog aufmerksam gemacht, zum Beispiel weil es hier eine brauchbare Anleitung zum Twowayprayer gibt oder weil andere nützliche spirituelle Werkzeuge beschrieben wurden, wie der Achtsamkeitskalender oder die Dankbarkeitsliste.

Mir schreiben die Erfahrenen, die schon lange Zeit nüchtern leben und trotzdem gerne diese Texte lesen, weil sie daran erinnert werden, wie alles angefangen hat mit dem Aufhören. Sie erleben in meinem Blog mit, wie sich bei mir die Nüchternheit verändert, wenn es nicht mehr Thema Nummer Eins ist, das erste Glas stehen zu lassen. Genau wie bei ihnen ist auch bei mir ein Prozess in Gang gekommen, der sich zu Themen verlagert, die sich nicht mehr hauptsächlich darum drehen, den Alkohol wegzulassen. Es ist dran, sich ein neues Leben aufzubauen und eine neue Identität herauszubilden ohne seine Lebensgeschichte zu verleugnen und stattdessen mit allen Kapiteln zu akzeptieren. Sie kommentieren meine Texte, in denen es um Schuld und Verzeihen geht, um uns ehemalige Trinkerinnen als Mütter, als Ehefrauen, Freundinnen und als Töchter. Als Töchter aus Herkunftsfamilien, in denen viel getrunken wurde, es Gewalt gab und auch traumatisierende Erfahrungen sexueller Gewalt. Sie werden von Themen angesprochen wie Selbstliebe und Selbstverzeihung.

Mir schreiben die Freundinnen, die wie ich seit rund drei Jahren abstinent leben und auch bei ihnen hat sich das Nüchternsein ernüchtert, als der Honeymoon der ersten Monate und des ersten Jahres verflogen war. Sie wachsen mit mir in die neuen Herausforderungen hinein. Zunächst fanden sie sich in meinen frühen Themen wieder: "be sober" ist geschafft: Da schrieb ich über Urlaub ohne Alkohol und wie ich damit umgegangen bin, dass wir ungefragt Weinflaschen in das Ferienhaus zur Begrüßung hingestellt bekommen haben. Zu dieser Phase der Abstinenz gehört auch, dass wir lernen, Alkohol abzulehnen bei großen Festen. Ich schrieb darüber, wie ich von einer Freundin gebeten wurde, telefonisch erreichbar zu sein. Als Brautmutter rechnete sie damit, während der ganzen Feier Alkohol ablehnen zu müssen. Sie hat mich nicht gebraucht, aber die Sicherheit im Hintergrund tat ihr gut. Inzwischen hat ein weiteres Kind von ihr geheiratet und sie hatte kein Bedürfnis mehr nach einem Notfallplan. Es fiel ihr leicht, nicht zu trinken und das mit Eleganz und Souveränität.

Die Aufforderung "be kind" kann dem zweiten Jahr der Abstinenz zugeordnet werden. Für meine Leserinnen und mich ging es dabei um die Veränderungen unserer Persönlichkeiten: zu sich selbst gütig zu sein und Freundlichkeit an anderen zu üben. Ich zitiere eine Freundin: "Die müssen im Supermarkt das komplette Personal ausgetauscht haben, über Nacht, so nett sind die auf einmal alle!"

"Be brave" im dritten Jahr ohne Alkohol haben wir auch gemeistert und viele neue Entwicklungen angestoßen oder gerissene Fäden neu geknüpft. Erloschene Beziehungen losgelassen oder mit neuer Liebe gefüllt und sie Teil unseres kostbaren, nüchternen Lebens werden lassen. Wir denken weiter und träumen größer oder stehen zu unseren Grenzen. Auch das brauchte Mut bei mir, ganz zu schweigen von den Anstrengungen, andere um Verzeihung zu bitten, Wiedergutmachungen zu leisten und auch mir selbst zu vergeben. Eine andere abstinente Freundin hat eine Hölle durchgemacht, als ihre Tochter plötzlich todkrank wurde. Die Welt stand still, doch sie konnte Stolz und Dankbarkeit empfinden, dass sie jede Welle reiten und alle Situationen meistern konnte, eben weil sie stabil nüchtern und genesen ist. Auch sie liest diesen Blog und teilt ihre Gedanken dazu mit mir. Inzwischen ist ihr Kind über den Berg und wird rasant gesund. Auch positive Gefühle, Erleichterung, Befreiung und der Wunsch nach einer Belohnung können Rückfallgefahren sein. Nicht für meine Freundin und dass sie es mit mir teilt, stärkt uns beide: "be brave" ist unser Motto.

Diesen Blog lesen aber auch Familienangehörige, die nicht alkoholabhängig waren, mein Bruder und seine Frau, mein Mann und engste Freunde. Sie erfahren hier Dinge aus meinem Leben, die sie nicht wussten und das kann belastend sein. Sie erleben, wie ich über Erfahrungen schreibe, die sie mit mir teilen. Oder sie mussten miterleben, wie die Sucht immer mehr mein Denken, Fühlen und Handeln veränderte und das nur zum Schlechten. Sie hatten Angst um mich und unser gemeinsames Leben. Auch ihre Reaktionen aus anderen Blickwinkeln sind von großer Bedeutung und von großem Wert für mich. Ihr Vertrauen stärkt mich und gibt mir eine weitere Verantwortung achtsam zu sein, was und wie ich es veröffentliche. Ihnen danke ich, dass sie hier beherzt mitlesen.

Begonnen habe ich diesen Blog mit Tag 858, heute bin ich bei Tag 1236. Das sind schöne große Zahlen, die mir Freude machen. 

Bis jetzt stehen hier 27 Beiträge, in denen ich versucht habe, zu schreiben, was mein Leben ohne Alkohol heute ausmacht, wie es früher war, als ich noch trinken musste und was es für mich bedeutet, aus meiner Sucht herauszuwachsen.

Wie ist es, in ein nüchternes Leben mit Wahl- und Qualmöglichkeiten hineinzuwachsen? Mit Selbstliebe und Selbstmitleid, Lachen und viel Traurigkeit, mit neuer Freiheit und dem Anerkennen meiner Einschränkungen. Mit meinem inneren Kind wo auch immer es gerade ist. Mit Disziplin und Schweinehund. Mit Liebe und Dankbarkeit. Mit Gott wie ich Gott verstehe.

 Ich danke Dir fürs Lesen und freue mich, wenn Du wiederkommst.

Alles Liebe und Gute

Juna

PS: Ich mache dann mal weiter und hoffe mit Mark Twain die richtige Auswahl zu treffen:

"Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen."

Kommentare

  1. Liebe Juna, vielen Dank! Was für eine schöne Idee, dich bei deinen Lesern zu bedanken und ihnen mitzuteilen, wie die Beiträge dich erweitern und anregen, weiterzuschreiben. Ich freue mich sehr darüber, dich begleiten zu dürfen und finde deinen Blog sehr hilfreich, nicht nur fürs Trocken werden, sondern auch fürs Trocken bleiben. Liebe Grüße und gute 24h B.

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  2. Liebe Juna. Ich habe noch ein Grinsen über das schöne Zitat von Mark Twain im Gesicht.
    Wenn es doch so einfach wäre! Du findest auch in diesem Text so viele schöne und treffende Worte für genau meine Gedanken und mein Leben. Danke!!
    Von dir durfte ich die Kurzbeschreibung der ersten drei Jahre hören. "To be kind" im zweiten Jahr übersetze ich für mich gerne mit " ein angenehmerer Mensch werden". Und ja, das klappt nicht immer aber immer öfter. Slogans wie, " nimm dich nicht so wichtig", " in die zweite Reihe gehen", auf deiner Straßenseite bleiben" .....haben mir dabei sehr geholfen.
    Heute an Tag 1058 , also im dritten Jahr, wage ich mich an " be brave" heran. Ich übersetze es für mich gerne mit "tapfer sein". Am Freitag habe ich in einem Meeting meine ehrliche Meinung gesagt. Oha, das habe ich nicht gelernt. Mein überhöhtes emotionales Sicherheitsbedürfnis schrillte in höchsten Alarmtönen. Am Samstag bekam ich in dem Meeting eine "ordentliche Packung" ab. Wie dankbar bin ich für Sätze und Werkzeuge von AA. Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand. Gefühle aushalten. Die " drei G" Geduld, Geduld, Geduld, usw. Hey, ich habe es überlebt und musste nicht trinken!
    Dein Blog ist ein Genuss, ein Ansporn und Inspiration für mich. Ich hoffe auf noch viele Beiträge von dir.
    In Liebe hage-dorni

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  3. Danke Juna, wunderschön geschrieben. Es berührt mein Herz. C.

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  4. Der kürzeste Kommentar, liebe Juna, den ich an dieser Stelle hinterlassen könnte: Schreib bitte weiter.

    Die längere Version ist: Denn so wie Du Deinen Leser:innen dankst, so will ich Dir danken für die vielen intensiven Texte. Sie haben mich zum Nachdenken gebracht, haben mir neue Horizonte eröffnet, haben mich zum Lachen und Weinen gebracht. Und immer wieder lese ich in einzelne Texte oder auch nur Textpassagen rein - jedes Mal finde ich wieder einen weiteren neuen Gedanken darin.

    Daher Danke und bitte weiterschreiben. OK?

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